Es ist Abend. Die Sonne ist hinter den Dächern verschwunden. Eine weiche Dunkelheit umhüllt die Gärten. Ich schiebe den Vorhang zur Seite und blicke nach draußen. Im Nachbargarten tänzelt ein rötliches Gartenfeuer und spielt Musik.
Im Schein des Gartenkamins
Es ist immer noch mein erster Tag bei meiner Oma. Nachmittags war ich schwimmen und später mit meiner Oma in der Stadt Eis essen. Jetzt hat sich meine Oma schlafen gelegt. Ich hatte mich eine Weile in meinem Zimmer in einen Roman aus ihrer Bibliothek vertieft, aber dann wurde ich von der Musik draußen abgelenkt.
Im Nachbargarten ist was los. Meine Nachbarin, die seit mittags sturmfrei hat, verliert keine Zeit. Gleich für den ersten Abend hat sie eine Gartenparty organisiert. Im Schein des Gartenfeuers wird gechillt, gequatscht und getanzt. Häppchen und Getränke gehen herum. Meine Nachbarin sitzt auf einem Gartensofa. Ihr Gesicht ist vom Kaminschein geheimnisvoll beleuchtet. Neben ihr sitzt ein Typ mit Locken, ich erkenne ihn sofort, es ist der Besucher von heute Mittag.
Der Neuankömmling
Ein Motor brummt. Da fährt er wieder vorbei, der weiße Mustang. Komisch… Ich dachte, er gehört dem Freund meiner Nachbarin. War er heute Mittag nicht damit zu Besuch gekommen? Offenbar hatte ich mich geirrt…
Das Auto hält direkt vor der Einfahrt. Der Typ, der aussteigt, ist um die 25. Er ist groß und blond, die Haare steil nach oben gegelt. Er hat einen ziemlich großen Mund und ein dreistes Grinsen.
Ich beobachte gespannt. Der Neuankömmling spaziert so selbstsicher durch das Gartentor, als ob es sein eigener Garten wäre. Nimmt sich ein Bier, setzt sich zur Nachbarin an die Sofalehne. Plaudert.
Eine merkwürdige Beobachtung
Etwas später am Abend sehe ich die beiden in der Gartenlaube. Der Kaminschein reicht nicht bis dorthin, sie stehen im Schatten. Ich erkenne nur die Silhouetten. Der Große lehnt sich gelassen gegen den Rahmen, versperrt der Nachbarin den Weg. Lacht. Redet. Sie schiebt ihn genervt zur Seite.
Mein Blick gleitet zum Haus. Da bemerke ich etwas, das mich stutzig macht. Das Haus verfügt über einen Seiteneingang. Auch hier reicht der Kaminschein nicht hin, es ist schattig. Dort, im Schatten, steht der lockige Abschlussklässler, der Freund meiner Nachbarin, an der Seitentür. Sie ist offen und er werkelt daran herum – an dem Türgriff oder an dem Schloss. Wie äußerst merkwürdig. Was passiert da?
Im Dunkeln
Und dann, richtig spät am Abend, als schon der Mond um die Häuser lugt, machen sich alle auf den Weg. Die ganze Gartengesellschaft. Autos fahren vor, die jungen Leute verteilen sich darauf. Die Nachbarin und ihr Freund fahren mit einem anderen Paar. Der 25-jährige Große nimmt zwei aufgestylte Mädels in seinem Mustang mit. Ein kurzer Moment der Hektik, jemand dämmt den Gartenkamin – und weg sind sie. Es ist still und dunkel im Nachbargarten.
Ich gehe schlafen. Doch mitten in der Nacht werde ich aufgeschreckt. Wie spät ist es? 1 Uhr nachts? 2 Uhr? Ich schlüpfe aus meinem Bett und gehe zum Fenster.
Das Motorengeräusch erkenne ich sofort. Der weiße Mustang. Da fährt er, an der Einfahrt zum Nachbarhaus vorbei. Hält jetzt aber ein wenig weiter, aus der Sichtweite. Und die Besucher kommen wieder aus dem Garten nebenan, dem ganz links, vom unbewohnten Grundstück. Sie sind zuzweit - der Große und der Abschlussklässler.
Meine Augen weiten sich. Ich beobachte…
Fortsetzung folgt.